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Die Pelzkocher, oder Till Eulenspiegel in Nienstedt

Pelzkocher-Denkmal
Pelzkocher-Denkmal


Auf seinen Fahrten kam Eulenspiegel auch in das Land Thüringen nach Nienstedt und bat da um Herberge. Da fragte ihn die Wirtin, was er für ein Gesell er wäre. Eulenspiegel
sprach. ,,Ich bin kein Handwerksgesell, sondern pflege die Wahrheit zu sagen,,. Jene sprach: ,,Die hör ich gern und bin denen sonderlich günstig, die die Wahrheit sagen. ,,Und als Eulenspiegel sich umsah, bemerkte er, daß die Wirtin schielte, und sprach also: ,,Schele Frau, schele Frau, wo soll ich sitzen, und wo leg‘ ich meinen Stab und Ranzen hin?,, Die Wirtin sprach: ,,Ach, daß dir nimmermehr Gutes geschehe! All mein
Lebtag hat mir niemand verwiesen, daß ich schiele,,. Eulenspiegel sprach: ,,Liebe Wirtin soll ich die Wahrheit sagen, so kann ich das nicht verschweigen,,. Die Wirtin war damit zufrieden und lachte.

Als nun Eulenspiegel die Nacht dablieb und mit der Wirtin zu reden begann, da kam es zwischen ihnen zur Sprache, daß er Pelze waschen könne. Das gefiel der Frau gar wohl, darum bat sie ihn, daß er ihr die Pelze wüsche; sie wollle es auch ihren Nachbarinnen sagen, daß sie alle ihre Pelze brächten daß er sie wüsche. Eulenspiegel sagte Ja; da rief die Frau ihre Nachbarinnen zusammen; die kamen alle und brachten ihre Pelze. Eulenspiegel sprach: ,,Wir müssen Milch dazu haben,,. Die Frauen hatten nach den neuen Pelzen Lust und Verlangen und holten alle Milch, die sie in ihren Häusern hatten. Da setzte Eulenspiegel drei Kessel ans Feuer, goß die Milch hinein, that dann die Pelze hinzu und ließ sie sieden und kochen. Als es ihm nun genug däuchte, sprach er zu den Frauen: ,,Nun mäßt ihr zu Holze gehen und mir junges weißes Lindenholz holen und das abstreifen. Bevor ihr wiederkommt, will ich unterdes die Pelze ausheben, denn sie sind nun genug gekocht, und will sie dann auswaschen, und dazu muß ich das Lindenholz haben,,. Die Weiber gingen williglich nach dem Holze, nahmen ihre Kinder, und sangen: ,,Oho, gute neue Pelze! Oho, gute neue Pelze!,, Eulensplegel aber stand und lachte und sprach: ,,Ja. wartet; die Pelze sind noch nicht gar,,. Als sie nun im Holze waren, stieß Eulenspiegel immer mehr Brände unter die Kessel, ließ die Kessel mit den Pelzen stehen, ging ganz still aus dem Dorf; und soll noch wiederkommen und die Pelze auswaschen. Als nun die Frauen mit dem Lindenholze kamen, und fanden Eulenspiegel nicht, und merkten, daß er hin weg wäre, da wollte immer eine vor der anderen ihren Pelz aus dem Kessel thun, und waren alle nicht wenig verblüfft, wie sie auseinander fielen. Darum ließen sie die Pelze stehen und meinten, er käme noch wieder und würde ihnen die Pelze auswaschen.

Der aber dankte Gott, daß er mit Glimpf davon gekommen war. Darum heißen die Nienstedter noch jetzt in der ganzen Nachbarschaft die Pelzkocher, werden aber grob, wenn sie an die Geschichte erinnert werden. Einer von den Kesseln soll übrigens noch im Dorfe vorhanden sein.


Foto: © Landkreis Mansfeld Südharz/H. Noack
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